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Mittwoch, 27. Dezember 2023

[REZENSION] Stalingrad | historischer Kriegsroman


Titel: Stalingrad - Die Einsamkeit vor dem Sterben
Autor: Christoph Fromm
Verlag: Primero | Seitenanzahl: 498 Seiten 
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Inhaltsangabe


Der junge Leutnant Hans von Wetzland und die wenigen Überlebenden eines Sturmpionierbataillons verlieren durch Grabenkriege, Hunger, und von Kälte ausgemergelt immer mehr die Kontrolle über sich und den Bezug zur Realität.
September 1942. Die wenigen Überlebenden eines in Nordafrika eingesetzten Sturmpionierbataillons werden an die Ostfront abkommandiert. In der Entscheidungsschlacht um Stalingrad mit über 2 Millionen Opfern fällt jegliche Hemmschwelle: Grabenkrieg, Nahkämpfe um jedes einzelne Haus, Hunger und Kälte, der Wahnsinn als letzte Zufluchtsstätte vor dem Sterben...

Grundlage für dieses Buch war eine ausführliche Recherche, bei der zahlreiche Gespräche mit Zeitzeugen geführt werden konnten. Dies ist ein Roman, kein Sachbuch. Wo immer sich die beiden Ansprüche im Weg standen, hat sich der Autor für das erstere entschieden, um so in das Innenleben der Figuren hinabzublicken – bis in die tiefsten Abgründe. 
Das räumt diesem Buch innerhalb der Publikationen über Stalingrad eine außerordentliche Stellung ein und macht es zu einer flammenden Anklage gegen jeden Krieg. 
(Quelle: Primero Verlag)


Meine Meinung


Bilder im Kopf, die man nur schwer wieder los wird


"Stalingrad: Die vielleicht schrecklichste, monströseste, grausamste Schlacht der Weltgeschichte. Zwei Millionen Tote, Verwundete, Vermisste auf beiden Seiten. Von ca. 500.000 Einwohnern lebten Ende 1942 nur noch 1515 in Stalingrad."
(Auszug aus der Verlagswebsite)

Ich kann sehr gut mit Büchern und Geschichten umgehen, bei denen ich weiß, dass es sich um eine fiktive Erzählung handelt. Bücher, die auf Fakten, Recherchearbeit und tatsächlich geschehenen Szenen beruhen, wirken bei mir immer sehr intensiv nach.
So auch dieser Roman über die Schlacht um Stalingrad und der Autor betont am Anfang des Buches, dass es sich um einen Roman und um kein Sachbuch handelt, denn davon gibt es bereits eine Menge. 

Ich habe in den vergangenen Jahren mit Sicherheit einige Romane gelesen, die sich mit der Schlacht um Stalingrad beschäftigt haben, aber diese wurden meist aus der Sicht von russischen Liebenden oder Kämpfenden in der Stadt Stalingrad selbst erzählt.
Bei diesem Buch sind wir unter deutschen Soldaten und erfahren hautnah vom erlebten und ausgeführten Schrecken.

Im Buch sind wir an der Seite des frisch ernannten Leutnants Hans von Wetzland, welcher sich mit untergebenen Soldaten nach einem Einsatz in Nordafrika mit dem Zug von Italien aus, auf den Weg nach Russland macht.
Unter diesen Soldaten befinden sich zum Beispiel Fritz, Rollo und Bubi, welche mir im Verlauf des Buches wirklich sehr ans Herz gewachsen sind.
Im weiteren Geschehen kommt noch eine Person namens Gross hinzu, welcher mir vor allem aufgrund seiner direkten Aussagen und der realistischen Situationseinschätzung in Erinnerung bleiben wird.

"Wenn unsere Führung intelligent genug wäre, hätte sie ihn längst gemacht, diesen schönen Frieden. Seit einem Jahr geht es nur noch bergab. Dieser Krieg wurde schon im letzten Winter endgültig verloren. Alles, was hier geschieht, ist - auch militärisch - längst völlig sinnlos." (S. 155)

"Aber trösten Sie sich, ich verrate Ihnen ein Geheimnis: Wenn man krepiert, kann es einem völlig egal sein, ob es für eine sinnlose Sache ist oder nicht. Es ist immer gleich beschissen." (S. 155)

Beim Lesen und Verinnerlichen der Beschreibungen schweifte ich mit meinen Gedanken immer wieder ab zu den jungen Männern, welche sich damals auf nach Stalingrad machten, um für unser Land zu kämpfen. Ich kann es schwer einschätzen, aber für mich ein von vornherein verlorenes Unterfangen. Da ich bereits eine Biografie Adolf Hitlers gelesen habe, sind mir seine Gründe, Illusionen und Ideen ein Begriff, dennoch zeigt nachfolgender Ausschnitt sehr gut, zu was diese Schlacht diente und führte. 

"Ein Soldat hatte nicht nach den Motiven der Politik zu fragen, sondern zu kämpfen. Zu töten, damit sein Volk überlebte. Lebensraum schaffen. Meistens erfüllte ein Soldat diese Aufgabe in doppelter Weise: Er tötete, bis er getötet wurde." (S. 161)

Immer und immer wieder stieß ich beim Lesen auf Textstellen, die sich förmlich in mein Gehirn brannten, die ich markierte und immer und immer wieder las.
"Falls es jemanden noch nicht klar ist, wir verteidigen hier unsere Heimat."
"Komische Verteidigung, bei der man zwölfhundert Kilometer weit ins andere Land reinmarschiert", sagte Fritz. (S. 254)

Diese Aussage zeigt, dass es kein wirkliches Verteidigen, sondern ein Angriff auf Russland war. Ich glaube zu diesem Krieg, zu diesem Thema bzw. zu dieser Schlacht werde ich in den kommenden Jahren noch etliche andere Bücher lesen und auch dann wird mir dieser Wahnsinn, diese Kälte, diese Entbehrung und dennoch dieser Kampfeswille der Soldaten nicht greifbar sein. Interessant fand ich, dass mir bei der Recherche nebenher immer wieder auch reale Figuren begegneten, darunter vor allem verschiedene Offiziere.

"Hätten wir die Schlacht gewonnen, wir hätten siegestrunken im Blut unserer Opfer gebadet. Wir haben's nur durch die Niederlage begriffen. Also haben wir nichts begriffen." (S. 327)

Neben vielen kriegerischen Szenen im Buch, kleinen Siegen und großen Niederlagen, kommt es zur Hälfte des Buches zu einer Wende. Die oben genannten Soldaten, erkennen, in welcher Lage sie sich befinden. Vor allem Gross, von dem auch die meisten Zitate, die ich aufgeführt habe, sind, kann es den Männern vor Augen führen.
Nach und nach begehen die Soldaten um Leutnant von Wetzland Fehler.
Fehler, die schwerwiegende Folgen haben.
Aus Soldaten werden Sklaven und Arbeiter, die teilweise Temperaturen von fünfunddreißig Grad unter Null ausgesetzt waren. 

"Es war nicht mehr er, der da ging. Es war eine Maschine aus Blut, Fleisch, Eiter und Knochen, ein biologischer Organismus, dessen Notaggregat noch funktionierte." (S. 407)

Den Ausgang, die vielen Toten und Schicksale, die diese Schlacht im fernen Stalingrad mit sich brachten, kennen wir heute. Dennoch ist es für mich ein Thema, der mich immer sehr nachdenklich stimmt. 
Ein kleiner Wink am Rande. Diese Geschichte wurde 1996 verfilmt.
Ich habe ihn mir bisher nur zum Teil angeschaut, die zweite Hälfte wartet noch auf mich.
Erschreckende Szenen und es ist wirklich eine kleine Zeitreise, wenn man Filme von 1996 und von heute vergleicht.

Fazit

Was kann man bei solchen historischen Ereignissen bemängeln.
Die Sache an sich war ein Mangel ja, aber ich bin immer wieder dankbar, dass sich Autoren die Recherchearbeit machen und solche Themen für uns Leser aufarbeiten und in Buchform veröffentlichen. Also auch Danke an Christoph Fromm für diese Darstellung, diesen sehr angenehmen Schreibstil und dem packenden Aufbau der Geschichte.

Der Autor


2006 gründete er mit Tina Lizius den Primero Verlag, in dem er seinen Roman "Die Macht des Geldes“ publizierte. Es folgten 2013 "Stalingrad - Die Einsamkeit vor dem Sterben“ und 2016 sein dritter Roman "Amoklauf im Paradies“. 2017 veröffentlichte er mit "Gottfried, der Turborabe - Ennos gefährliche Reise" das erste Buch seiner Kinderbuchreihe, die er 2019 mit "Gottfried, der Turborabe - Ennos allerbester Freund" und 2020 mit "Gottfried, der Turborabe - Enno und Kira zeigen es allen" fortsetzte. Im Herbst 2020 erscheint sein nächster Roman, die Satire "Das Albtraumschiff. Odyssee eines Drehbuchautors.
© Primero Verlag


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