
Inhaltsangabe
Die bewegende Geschichte einer Kinderfreundschaft – gefühlvoll erzählt von Bestsellerautorin Barbara Leciejewski
Frau Petri zerriss Susis Brief, einmal, zweimal, dreimal, viermal. Kleine Fetzen flogen in den Mülleimer. "Nimm diese hübsche Ansichtskarte, schreib etwas Schönes. Darüber freuen sich deine Eltern ganz sicher, und das möchtest du doch, oder nicht?"
Sechs Wochen Kuraufenthalt an der Nordsee – ein toller Urlaub, versprechen ihr die Eltern. Doch die achtjährige Susanne und die übrigen Kinder verbringen im "Haus Morgentau" die schlimmste Zeit ihres Lebens. Wer den Teller nicht leer isst, die Regeln bricht oder sich anderweitig aufsässig zeigt, wird von den Erzieherinnen hart bestraft. Kein Hilferuf dringt zu den Eltern durch, denn die Briefe der Kinder werden kontrolliert. Doch immer wieder schlagen Susanne und ihre Freunde den "Tanten" ein Schnippchen. Dann kommt es zu einem Vorfall, der Susanne noch Jahrzehnte später in ihren Alpträumen verfolgt – bis sie beschließt, sich endlich dem Trauma ihrer Kindheit zu stellen.
Meine Meinung
Ein Hörbuch wie eine Welle – sanft, schmerzhaft, unvergesslich
„Am Meer ist es schön“ hat mich tief berührt – und auch überrascht. Bis zu diesem Hörbuch wusste ich kaum etwas über das Thema Verschickungskinder, und nun hallt die Geschichte noch lange in mir nach.
Im Mittelpunkt steht Susanne, eine warmherzige, eigentlich lebensfrohe Frau, deren Vergangenheit sie immer wieder einholt. Als ihre Mutter Luise im Pflegeheim im Sterben liegt, mobilisiert Susanne ihre Geschwister Edith und Wolfgang und ihre Tochter Julia, um die verbleibenden Tage als Familie bei der Mutter zu verbringen.
Am Bett ihrer Mutter wird Susanne mit ihrer Kindheit konfrontiert. Mutter Luise entschuldigt sich dafür, was sie ihr als Kind angetan bzw. zugemutet hat, als sie dachte, sie tut ihrer jüngsten Tochter etwas Gutes, als sie sie zu einem sechswöchigen Aufenthalt an die Nordsee schickt. Als Zuhörer begleitet man sie auf einer emotionalen Reise zurück in ihre Kindheit, in ein Kapitel, das sie längst verdrängt glaubte.
Die Handlung entfaltet sich auf zwei Zeitebenen: In der Gegenwart ringt Susanne damit, ihre eigene Geschichte endlich zuzulassen. In der Vergangenheit treffen wir das kleine Mädchen Susi, das in ein Kindererholungsheim an die Nordsee geschickt wird – ein Ort, der Erholung verspricht, aber für viele Kinder zu einem traumatischen Erlebnis wurde. Dort begegnet sie anderen Kindern: der tapferen Moni, dem ängstlichen Holger und Matti. Kinder, die wie sie versuchen, in einer Atmosphäre aus Strenge, Kälte und Einsamkeit irgendwie Halt zu finden. Vor allem mit Moni und Matti entstehen Freundschaften fürs Leben und vielleicht sogar ein wenig mehr.
Die Emotionalität der Geschichte ist überwältigend: Man spürt Susannes Angst, ihre Sehnsucht, ihre stille Stärke. Die Mischung aus Schmerz, Erinnerung und schrittweiser Heilung macht das Hörbuch zu etwas ganz Besonderem.
In dieser Geschichte habe ich alle Kinder aus dem Erholungsheim "Haus Morgentau" sehr schnell in mein Herz geschlossen. Natürlich gab es dazu auch viele negativ behaftete Charaktere, die das "System" so umgesetzt haben, wie es von ihnen verlangt wurde. Leider von einigen noch strenger, als von anderen, jüngeren "Tanten".
Und dann ist da natürlich Ulrike Kapfer. Ihre Sprecherleistung ist einfach großartig. Sie trifft die feinen Nuancen von Susannes emotionalem Erleben in beiden Zeitebenen, verleiht der kindlichen Susanne ebenso wie der erwachsenen Frau eine authentische, einfühlsame Stimme und lässt alle Figuren lebendig werden. Für mich trägt ihre Interpretation entscheidend dazu bei, wie intensiv die Geschichte wirkt.
Besonders wertvoll ist, wie das Hörbuch das Thema Verschickungskinder zugänglich macht. Zwischen den 1950er- bis 1990er-Jahren wurden Millionen Kinder „zur Erholung“ verschickt – viele von ihnen widerfuhren jedoch Demütigungen, Gewalt, Einsperren, Essenszwang oder emotionale Vernachlässigung. Ein Kapitel deutscher Sozialgeschichte, das lange kaum bekannt war. Das Buch schafft es, dieses schwere Thema behutsam, aber eindringlich aufzuarbeiten.
Wer das Buch gelesen oder das Hörbuch gehört hat, weiß, wie sehr folgende Worte weh tun.
"Mama, am Meer ist es schön."
Fazit

Die Autorin




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