Mittwoch, 5. Juni 2024

[REZENSION] Goebbels | Biographie

Titel: Goebbels | Autor: Ralf Georg Reuth
Verlag: Piper Verlag | Seitenanzahl: 666 Seiten 
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Inhaltsangabe


Joseph Goebbels war als Propagandaminister und Bevollmächtigter für den Kriegseinsatz eine der zentralen Gestalten des "Dritten Reiches". In seiner Person verbanden sich fanatischer Hass, sinnentleerter Glaube und intellektuelle Schärfe zu einer wohl einzigartigen Waffe im Dienste der Massenbeeinflussung. Der Mann mit dem Klumpfuß war es, der aus dem "Führer" in der Wahrnehmung der meisten Deutschen eine Art Erlöser-Figur werden ließ, der man willfährig in den Abgrund folgte. Anhand einer ungeheuer breiten Quellenbasis schildert Ralf Georg Reuth in seiner im In- und Ausland hoch gelobten Biographie das Leben des Joseph Goebbels. Jetzt hat er das packende, psychologisch stimmig erzählte Buch, das Maßstäbe gesetzt hat, aktualisiert und komplett überarbeitet.
(Quelle: Piper Verlag)


Meine Meinung


Ein Buch, welches den Leser zur Natur zurückbringt


Nachdem ich vor einigen Jahren das Buch "Die Frauen der Nazis" gelesen habe, habe ich es mir zum kleinen persönlichen Vorhaben gemacht, auch die Herren dieser Zeit etwas näher zu beleuchten. Nachdem ich bereits in den vergangenen Jahren die Biografien von Erwin Rommel und Adolf Hitler gelesen habe, war nun in diesem Jahr, auch dank meiner Challenge #24für2024 Joseph Goebbels an der Reihe.

Da ich solche Bücher bei Challenges immer bis zum Jahresende vor mich herschiebe, habe ich mir meine beste Freundin geschnappt und wir haben dieses Buch gemeinsam gelesen. Langsam und gemächlich, dafür umso intensiver der Austausch, denn dieser hat täglich stattgefunden. Wir haben auch den gesamten Mai für dieses Werk benötigt, können nun aber sagen: wir haben eine weitere Biografie gelesen. 

Eingeteilt ist das Buch in insgesamt 15 Kapitel, welche unterschiedliche Längen aufweisen. Die ersten kann man erst kurz bezeichnen. Zum Ende hin, bringen die Kapitel eines mehr an Seitenzahlen auf. 

"In seiner Person verbanden sich ein sozial motivierter und aus Minderwertigkeitskomplexen gespeister abgrundtiefer Haß, ein aus seiner katholischen Herkunft resultierendes unbeirrbares Glaubensbedürfnis und eine beachtliche intellektuelle Schärfe zu einer wohl einzigartigen Waffe im Dienste der Massenbeeinflussung." (S. 7)

*1897 - 1945
Gleich zu Beginn nimmt der Autor Bezug zu den im Zitat erwähnten Minderwertigkeitskomplexen, in der den Leser Einblicke in seine Kindheits- und Jugendtage gibt. Joseph Goebbels litt an einer körperlichen Fehlbildung und wurde von klein auf damit aufgezogen. Dieser Einschnitt in frühester Kindheit prägte ihn sehr. 
Viele von uns kennen ihn nur als redenschwingender und gröhlender Propagandaminister, aber Joseph Goebbels war eigentlich gar nicht laut. Im Buch zeigten sich vor allem im ersten Drittel eher leise und depressive Züge.

Goebbels stammte aus Rheydt. 1929 und von 1933 bis 1974 war Rheydt eine eigenständige Stadt in der Rheinprovinz und in Nordrhein- Westfalen.
Als er 1919 in seine Heimatstadt zurückkehrte und diese von englischen und französischen Truppen besetzt war, tätigte er folgende Aussage: "Ich bin in Deutschland nicht mehr in Deutschland." (S. 42)
Diese Aussage stach mir beim Lesen sofort ins Auge, weil es aktuell meiner Meinung nach genauso ist.

Sein Debüt als Redner trat er im Sommer 1924 an. Zwei Jahre später zog es ihn dann schlussendlich in die Reichshauptstadt Berlin, wo er 1930 auf die vom Nationalsozialismus begeisterte Magda Quandt traf. Die Ehe wurde im Dezember 1931 geschlossen und insgesamt sollten aus dieser Ehe sechs Kinder hervorgehen.
Mein erster Irrglaube war, dass die Ehe der Eheleute Goebbels eine harmonische Ehe war, aber weit gefehlt. Trotzdem sie beide fanatische Anhänger des Nationalsozialismus waren, lebten sie sich auseinander. Vor allem die Aktivitäten im Kulturbereich ließen es zu, dass Joseph sich mit anderen Frauen, zumeist Künstlerinnen oder Schauspielerinnen vergnügte.
Magda konnte sich in diesem Buch in meinen Augen als treue und liebende Ehefrau zeigen, welche immer nur das Beste für ihre Kinder wollte.

1933 wurde Dr. Paul Joseph Goebbels als Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda vereidigt. Zu diesem Titel gesellte sich zeitnah noch der Titel als Präsident der Reichskulturkammer. 

Im Buch spürt man, wie sehr er seinen "Führer" Adolf Hitler verehrt hat und diesem Blind gefolgt ist. Ansonsten zeigte er sich in meinen Augen eher als Einzelgänger. Im Buch werden verschiedene Widersacher genannt, mit denen er nur selten im Reinen war. Dazu zählten zum Beispiel Hermann Göring und Joachim von Ribbentrop.

Der Bereich Politik und die Zeit des Zweiten Weltkrieges hatte im Buch auch seine Längen. Für mich waren es vor allem die Zeiten der Wahlen, die sich unendlich in die Länge zogen, hier aber kleinlichst erklärt wurden. Aber an solchen Stellen rufe ich mir immer wieder in Erinnerung, dass es eine Biografie ist, eine Art Sachbuch und solche Stellen einfach dazugehören. Wie er zum Krieg allgemein stand, zeigt folgende Textstelle sehr gut.

"Es sei kein Krieg für Thron und Altar, es ist ein Krieg für Getreide und Brot, für einen voll gedeckten Frühstücks- Mittags- und Abendtisch. (...) Ein Krieg um die Rohstoffe, um Gummi, um Eisen und Erze, kurzum es ist ein Krieg um ein menschenwürdiges nationales Dasein, das wir als verschämte Arme bisher zu führen nicht in der Lage waren." (S. 545)

Anfang Februar 1945 mussten Hitler und seine Anhänger, darunter natürlich aus Joseph Goebbels erkennen, dass der Krieg kaum noch zu gewinnen sei. Goebbels verirrte sich dann zusehends in seinen Vorstellungen einer neuen nationalsozialistischen Führung. In dieser sah er sich selbst als Reichskanzler und unter sich Heinrich Himmler und Martin Bormann.

Die letzten Tage im Führerbunker verbrachte Familie Goebbels gemeinsam. Diese Seiten fand ich wieder sehr interessant und ich habe wieder gemerkt, dass mich die menschliche Seite doch sehr interessiert. Bis zum Ende sah das Ehepaar keinen Ausweg, ihre Kinder aus dem Bunker zu retten. So trafen zu schlussendlich eine folgenschwere Entscheidung. 
Diese Tat für mich als Mutter nur schwer vorstellbar.
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Wie bereits erwähnt, bringt diese Thematik, vor allem im politischen Bereich einige Längen mit sich. Auch hat es mir an den familiären Stellen im Buch an Emotionen gefehlt, aber ich glaube, dass dies mein persönlicher Wunsch war und Autoren eines biografischen Romans nicht gerade dazu angeregt sind, Emotionen in ihr Werk einzubauen.


Fazit

Dennoch stolz mich durch diese Seiten des Buches gelesen zu haben.
Für mich zeigte sich im Nachhinein tatsächlich ein ganz anderes Bild von Herrn Goebbels.
Ich sah ihn als Familienvater, Propagandaminister und als treuer Diener Adolf Hitlers, aber Joseph Goebbels war mehr. In meinen Augen eine depressive Person, mit einem sehr geringen Selbstwertgefühl, welche sich zu Zeiten des Krieges in die Welt des Filmes und der Kunst verkroch, um dort als etwas angesehen zu werden. Ein Familienvater, der für seine Kinder da war, aber seiner Frau nicht treu war. Eine Mann, der einige falsche Ansichten hatte und das Kriegsende nicht akzeptieren konnte.
Für alle Interessierten spreche ich an dieser Stelle natürlich eine Leseempfehlung aus.

Der Autor


Ralf Georg Reuth, geboren 1952 in Oberfranken, studierte Geschichte sowie Germanistik und promovierte 1983 über Hitlers Strategie. Er ist Journalist und Autor mehrerer Bücher zur Geschichte und Vorgeschichte des "Dritten Reiches", aber auch zur Wende 1989/90. 
© (Privat)/ Piper Verlagseite


Weitere Bücher des Autors


4 Kommentare:

  1. Hallo Andrea,

    Sachbücher bzw. Biografien über die Nazi-Größen finde ich ebenso interessant, nur fehlt es mir schon lange an der Muse, um diese auch wirklich zu lesen. Sehr bewundernswert!

    Es ist faszinierend, wenn man mehr Details über diese Personen erfährt und einen Blick hinter das mediale Konstrukt wirft.

    Liebe Grüße
    Nicole

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    1. Hi Nicole,
      ich habe mir über die Jahre immer mal die eine oder andere gekauft. Wirklich angetan war ich damals ja von den Frauen der Nazis, welches du ja sogar in der Schule gelesen hast und da habe ich mir nach und nach ein paar Größen herausgepickt. 1-2 Biografien nehme ich mir tatsächlich jedes Jahr vor. Und wenn man diese zuklappt nach der letzten Seite, ist es wirklich ein ganz besonderes Gefühl.

      LG Andrea

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    2. Hallo Andrea,

      ja, "Die Frauen der Nazis" war bei uns Schullektüre. Früher habe ich allgemein mehr Sachbücher bzw. Biografien gelesen. Derzeit reizt es mich weniger, obwohl ich ja seit Jänner am King-Buch lawiere, weil es so schwer und damit ausschließlich Wochenend-Lektüre ist. Aber egal, das wird auch wieder anders werden.

      Hast du dir eine weitere Biografie für dieses Jahr vorgenommen?

      Liebe Grüße
      Nicole

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    3. Fest vorgenommen erstmal nicht. Und meist ist es so, wenn ich es im Sommer nicht lese, wird es meist das ganze Jahr nichts mehr. Ab September bis Dezember lese ich ja doch immer sehr jahreszeitenspeziell^^

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