Donnerstag, 15. Dezember 2022

[REZENSION] Shirley | Klassiker

Titel: Shirley | Autorin: Charlotte Brontë
Verlag: Anaconda Verlag | Seitenanzahl: 720 Seiten
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Inhaltsangabe

Neben dem grandiosen viktorianischen Sittengemälde 'Jane Eyre', mit dem Charlotte Brontë zwei Jahre zuvor schlagartig berühmt wurde, ist »Shirley«, 1849 erschienen, der zweite bedeutende Roman der großen englischen Dichterin über eine außergewöhnliche Frauenfigur. Vor dem Hintergrund der Arbeiterunruhen zur Zeit der wirtschaftlichen Depression am Beginn des 19. Jahrhunderts erzählt er die aufrüttelnde Geschichte der vermögenden und charakterstarken Gutsherrin Shirley Keeldar, die sich um der wahren Liebe willen entschlossen über die erstarrten Konventionen und den Standesdünkel ihrer Zeit hinwegsetzt.

(Quelle: Amazon)

 

Meine Meinung


Ein Klassiker, der ein wichtiges Thema behandelt

Dieser Klassiker von Charlotte Brontë sagte mir überhaupt nichts.
Ich besitze seit Jahren den Schuber der Brontë- Schwestern und "Shirley" ist durch die Challege #22für2022 auf meiner Leseliste gelandet. 
Und hier entscheidet ja seit Jahren ein Los aus meinem SuB-Korb.
Im vergangenen Jahr habe ich mich davor gescheut zum gezogenen Klassiker (Madame Bovary) zu greifen und es liegt weiterhin auf meinem Stapel ungelesener Bücher.

Bei "Shirley" konnte ich nach circa 50 Seiten sagen, dass ich in der Geschichte angekommen bin und es nicht bereut habe, zum Buch gegriffen zu haben. Nach weiteren 70 Seiten wusste ich, dass ich bei diesem Buch auf jeden Fall dran bleiben werde.

Das einzige, was mich am Anfang etwas ratlos zurückgelassen hat, war, dass ich die Figur Shirley im Buch vermisst habe. Ab und zu hatte ich sogar den Verdacht, dass es hier einen Fehler mit dem Buchdeckel gab und ich gerade in einer ganz anderen Geschichte versinke. Aber dann auf Seite 212 tritt sie endlich in Erscheinung, Miss Shirley Keeldar.
Also an alle, die sich anfänglich genauso verloren fühlen wie ich, bleibt dran, es lohnt sich wirklich.

Aber ich fange von vorne an.
"Shirley" spielt zum Anfang des 19. Jahrhunderts in England.
Als Leser wird man hier mitten in die industrielle Revolution hineingeworfen. 
Ein wichtiger Charakter ist an dieser Stelle der belgische Tuchfabrikant Robert Moore.
Er ist ein Befürworter des industriellen Fortschritts und zieht dadurch sehr viel Argwohn auf sich. Denn seine Entscheidung Maschinen in seiner Fabrik einzusetzen, streicht viele Arbeitsplätze und damit im Zusammenhang steht das Thema Armut, welche zu dieser Zeit eine große Rolle spielte.

Weiterhin lernen wir als Leser Caroline kennen.
Caroline ist die Cousine von Robert Moore und stellt im Buch eine junge Frau dar, die ihre Wünsche und Vorstellungen hat, der allerdings einige Steine in den Weg gelegt werden, an diese zu glauben und in die Tat umzusetzen.
Dazu gehören zum Beispiel die Vorstellungen ihres Onkels.
Arbeitende Frauen waren damals einfach nicht typisch und ich fand es interessant zu verfolgen, wie Carolines Gedankengänge zu ihrem Leben sind.

Und dann kommt Shirley ins Spiel. Man kann sagen, dass sie genau das Gegenteil von Caroline ist. Shirley Keeldar ist eine finanziell unabhängige Frau, die auf ihrem Anwesen namens Fieldhead lebt. Auch charakterlich unterscheiden, wie ergänzen sich diese beiden Frauen im Buch unheimlich gut. 
Durch Caroline verliert sich Shirley etwas öfters im Träumen.
Und Caroline erkennt durch Shirley ihre Stärken und lernt an ihre Träume und Wünsche zu glauben. 
Diese gegensätzliche Darstellung der Frauencharaktere im Buch gehört zu einen meiner Highlights im Buch. Jede Leserin erkennt sich meiner Meinung nach in einer der weiblichen Figuren wieder. 

"So wirkte sie im Vergleich zu der reichen Erbin wie eine Bleistiftskizze neben einem farbenfrohen Gemälde." (S. 272)

Mein anderes Highlight ist Shirleys Umgang mit dem männlichen Geschlecht im Buch.
Sie stellt hier ein starkes Frauenbild dar, was sich nicht nur gegen die verschiedensten Männer im Buch behauptet, sondern auch völlig untypische Themen und Handlungen für das Frauenbild zu dieser Zeit angeht. Ich mochte ihre Figur wirklich sehr, so dass sie mir in guter Erinnerung bleiben wird.

"Solche Minderwertigkeitsgefühle würde ich nicht einen Augenblick in mir aufkommen lassen. Ich halte mich nicht für unwürdig, die Gefährtin des klügsten unter den Herren der Schöpfung zu sein..." (S. 231)

Im Vergleich die Aussage eines männlichen Charakters im Buch:
"Daß eine Frau die Kameradin oder gar die Vertraute ihres Gatten sein könne, war ihm einfach unvorstellbar." (S. 59)

Auch wenn ich eher selten zum Genre Klassiker greife, was ich sehr schade finde und mir im neuen Jahr eventuell sogar zwei verlorene Schätze aus meinem Regal fischen werde, muss ich sagen, dass ich erstaunt bin, wie viele Textstellen ich mir im Buch doch markiert habe. Neben dem Thema der industriellen Revolution spielt nämlich das Frauenbild zur damaligen Zeit ein großes Thema. Und vor allem die Sichtweise der Männer wird von der Autoren des Öfteren dargestellt. Zur heutigen Zeit beinahe undenkbar, wie unser Geschlecht zum Anfang des 19. Jahrhundert eingeschätzt und behandelt wurde.

"Er glaubt. alles was nicht Nähen und Kochen ist, übersteige den Verstand der Frauen und gehe sie nichts an." (S. 101)

"Frauen sollen in der Religion wie in der Politik die Meinung ihrer Männer teilen. Das ist am heilsamsten für sie." (S. 362)

Neben den bereits angesprochenen Themen kommen auch die Themen Religion, Politik und die Liebe nicht zu kurz. Im Ganzen war es die Behandlung dieser Themen, die es zu einem Viersternebuch gemacht haben. Vor allem mit der Handhabung von Liebesbekundigungen zu der damaligen Zeit komme ich einfach überhaupt nicht zurecht.
Aber so war es nun einmal.
Ich wäre damals wohl eine verbitterte, allein stehende Frau geblieben^^


Mein Fazit


Es ist das einzige Buch aus diesem Genre, welches ich im Jahr 2022 gelesen habe und dennoch kann ich ohne jeglichen Vergleich sagen, dass ich es sehr mochte und dankbar bin Shirley und Caroline kennen gelernt zu haben.
Auch wenn dieser Klassiker, wie wohl auch jeder andere seine Anlaufzeit benötigt, mochte ich den Stil von Charlotte Brontë sehr gern und werde nun ein Auge auf ihr Debüt "Jane Eyre" werfen.
Abschließen möchte ich meine Rezension mit einer weiteren Textstelle aus dem Buch: 
"Männer, glaube ich, stellen sich das Wesen der Frau ungefähr wie das eines Kindes vor. Nun, das ist ein Irrtum." (S. 387)

Die Autorin

Charlotte Brontë (1816-1855) war neben Emily und Anne die Dritte im Bunde der literarisch hochbegabten Schwestern. Nach dem frühen Tod der Mutter übernahm sie die Fürsorge für die jüngeren Geschwister. Zwei Jahre unterrichtete sie an einem Brüsseler Internat, kehrte jedoch dann für den Rest ihres kurzen Lebens in die heimische englische Moorlandschaft zurück. In der Abgeschiedenheit des väterlichen Pfarrhauses widmete sie sich neben familiären Pflichten ganz dem Schreiben.

© Google

Weitere Werke der Autorin
(die Romane der Autorin gibt es in den unterschiedlichsten Veröffentlichungen)

9 Kommentare:

  1. Hey Andrea,

    das Buch sagt mir auch so gar nichts, deshalb ist Deine Rezension für mich sehr interessant. Ich lese gerne mal einen Klassiker, habe das aber zuletzt auch sehr vernachlässigt. Deshalb nehme ich mir für 2023 auch wieder einige vor.

    "Madame Bovary" habe ich in der elften Klasse gelesen und einen Vortrag darüber gehalten. Ich mochte es tatsächlich ganz gerne und es hat einen sehr verspielten Schreibstil, der mir das Lesen recht leicht machte.

    Liebe Grüße Melli

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    1. Hi Melli,
      schön, dass nicht nur ich dieses Genre vernachlässige.
      Ich höre ja derzeit noch "Sturmhöhe", aber ich muss sagen, lesen funktioniert da um einiges besser. Überlege derzeit echt abzubrechen bzw. zu pausieren, weil ich ahne, dass das HB eine schlechtere Bewertung bekommen würde, als wenn ich es gelesen hätte.

      Deine Meinung zu "Madame Bovary" ist gut.
      Ab und zu brauche ich sowas, dann rücken Bücher wieder in ein ganz anderes Licht bei mir. Nächstes Jahr möchte ich mir das Genre gern öfters vornehmen. Vor ein, zwei Jahren habe ich immer noch versucht, so viele Bücher wie möglich im Monat zu lesen. Da haben Klassiker nur "aufgehalten", aber die Zeiten sind Gott sei Dank vorbei^^

      Hab noch einen schönen 4. Adventsabend :)

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  2. Hallo Andrea,

    ich bin mir noch unsicher, ob ich mich an "Shirley" wagen soll. Deine Rezension finde ich sehr genial und ich kann mir gut vorstellen, was auf einen beim Lesen zukommt.

    Mir hat "Jane Eyre" sehr gut gefallen. Das geht sogar etwas in Richtung Thriller. :D Hingegen muss ich sagen, dass "Madame Bovary" zu den langweiligsten Büchern zählt, die ich jemals gelesen habe. Ich hoffe, du magst es mehr als ich.

    Liebe Grüße
    Nicole

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    1. Nicole, auf Klassiker muss man wirklich Lust haben.
      Ich höre noch "Sturmhöhe", aber das werde ich wohl pausieren/abbrechen. Klassiker hören bei meinem aktuellen Alltag klappt nicht so gut. Ich vermisse meine Hörzeit auf dem weg zur Arbeit. Wenn man immer nur 15min hört, wirkt das Buch nicht.

      Ich denke beinahe, dass ich mich 2023 an Jane Eyre versuchen werde.

      Deine Meinung zu Madame Bovary hatte ich so im Hinterkopf :D

      Liebe Grüße

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    2. Hey Andrea,

      "Jane Eyre" habe ich auch auf dem SuB. Vielleicht wollen wir es nächstes Jahr gemeinsam angehen? Im Januar habe ich schon eine Leserunde, sonst ist noch alles frei in der Hinsicht ;-)

      Liebe Grüße Melli

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    3. Hallo Andrea,

      ich mochte "Sturmhöhe" recht gern, aber als Hörbuch kann ich es mir wirklich nicht vorstellen. Da ist ein Teil in einem merkwürdigen Dialekt verfasst. Keine Ahnung, wie das in der Audioversion umgesetzt wird. ^^

      Liebe Grüße
      Nicole

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    4. @Melli: zwecks Jane Eyre mache ich mir gleich eine Notiz und melde mich dahingehend noch. Mag erstmal schauen, wie das Jahr anläuft. Werde mir im Januar gleich das historische von meiner Challengeliste schnappen und dann mal schauen, ob ich was lockeres brauche oder gleich Lust habe auf Jane Eyre^^

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    5. @Nicole:
      Ich habe es nun auch beiseite gelegt.
      Mag die Geschichte nicht schlecht bewerten, weil ich mit Hören nicht wirklich reinkomme. Werde es zurück ins Regal stellen und hoffentlich zeitnah nochmal in Buchform versuchen.

      LG

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    6. Oh prima, melde dich einfach, ob und wie es passt :-)

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