Titel: Kleine große Schritte | Autorin: Jodi Picoult
Verlag: C.Bertelsmann | Seitenanzahl: 592 Seiten | Preis: 20,00€ (HC)
ISBN: 978-3-570-10237-4
Kaufen: Hier
Inhaltsangabe
Ruth Jefferson ist eine äußerst erfahrene
Säuglingsschwester. Doch als sie ein Neugeborenes versorgen will, wird ihr das
von der Klinikleitung untersagt. Die Eltern wollen nicht, dass eine
Afroamerikanerin ihren Sohn berührt. Als sie eines Tages allein auf der Station
ist und das Kind eine schwere Krise erleidet, gerät Ruth in ein moralisches
Dilemma: Darf sie sich der Anweisung widersetzen und dem Jungen helfen? Als sie
sich dazu entschließt, ihrem Gewissen zu folgen, kommt jede Hilfe zu spät. Und
Ruth wird angeklagt, schuld an seinem Tod zu sein. Es folgt ein
nervenaufreibendes Verfahren, das vor allem eines offenbart: den
unterschwelligen, alltäglichen Rassismus, der in unserer ach so aufgeklärten
westlichen Welt noch lange nicht überwunden ist…
(Quelle: C. Bertelsmann)
Meine Meinung
Rassismus zu klischeehaft dargestellt
Der Klappentext gibt dem Leser hier einen sehr
guten Einblick in das Anfangsgeschehen des Romans. Die hier dargestellte
Grundidee, dass die Autorin das Setting in ein Krankenhaus legt, wir dort auf
eine sehr gut ausgebildete schwarze Säuglingskrankenschwester treffen und diese
wiederrum auf eine Familie trifft, welche eine rassistische Einstellung
gegenüber Afroamerikanern hat, finde ich sehr gelungen. Allein diese
Konstellation und dieses Ursprungssetting regen den Verstand zum Nachdenken an.
Als Leser versucht man die verschiedenen Seiten in der Geschichte
nachzuvollziehen bzw. zu verstehen, was mal leichter und mal schwerer fällt. Zu
den verschiedenen Perspektiven zähle ich die der Krankenschwester und Prota im
Roman Ruth Jefferson, die des Säuglingsvaters Turk Bauer und zu Beginn
versuchte ich mich auch in die Sicht- und Handlungsweise der Chefin von Ruth
hineinzuversetzen, welche Ruth den Umgang mit dem Baby sehr schnell untersagte.
Insgesamt bleiben drei Perspektiven im Buch. Jedoch
geht es neben Ruth und Turk um die Geschichte und die Sichtweise von Kennedy
McQuarrie, welche als Anwältin eine wichtige Rolle in dem Buch spielt.
Zu den Charakteren. Ruth kannte ich bereits aus
der Vorgeschichte und ich habe mich gefreut, nun zu erfahren, was aus ihr
geworden ist. Sie hat also gekämpft und ihren Weg gefunden. Bei ihrer Person
wurde mir sehr schnell klar, dass diese aufkeimende rassistische Einstellung
ihr gegenüber für sie komplett neu war. Ihren Umgang damit fand ich fast ein
wenig emotionslos und nicht ganz so, wie ich es erwartet habe.
Turk Bauer und auch seine Frau Brittany vertreten
hier ganz klar die Seite zweier Mitglieder der White Power Bewegung. Dank Turks
Sichtweise bekommt man tiefere Eindrücke dieser Gruppierung. Sowohl ihre Denk-
als auch ihre Handlungsweisen wurden dem Leser vor Augen geführt.
„Ich
möchte einen Tag der Rache zu Ehren meines Sohnes.“ (S. 313)
Die Anwältin Kennedy McQuarrie war mir von Anfang
an sehr sympathisch. Ich mochte den Einblick in ihre Privatsphäre, in der Mann
auf ihren Mann und ihre kleine Tochter Violet trifft. Kurz gesagt wird Kennedy
als chaotische und stressgeplagte Frau vorgestellt, die sich meiner Meinung
nach in der Geschichte am meisten entwickelt.
Wer bereits einige Romane der Autorin kennt, weiß,
dass Picoult die Meisterin der Gerichtsverhandlungen ist. Auch hier stehen eine
Anklage und deren Prozess im Mittelpunkt des Buches. Ruth wird von der Familie
Bauer wegen unterlassender Hilfeleistung gegenüber ihres Sohnes Davis angeklagt.
Dem entgegengestellt wird die Aufforderung, dass Ruth sich von diesem Kind
fernhalten soll, es nicht mal berühren soll. Als Davis eines Tages blaugefärbt
im Säuglingszimmer liegt, weiß Ruth nicht, wie sie sich verhalten soll.
Dann nimmt der Roman seinen Verlauf.
Die Anfangspassagen und auch die
Gerichtsverhandlung im mittleren Teil gefielen mir sehr gut. Dann entschied
sich die Autorin meiner Meinung nach für den falschen Weg, diesen Roman zu
einem Ende zu führen.
Dass sich die Autorin an diese immer noch aktuelle
und wichtige Thematik herangetraut hat, halte ich ihr sehr zu Gute. Auch dass
sie der Geschichte mit ihrem tollen Schreibstil und der charakteristischen Gerichtsverhandlung
diesen speziellen Picoult-Touch gegeben hat, gefällt mir.
____________________________________________________________
Allerdings habe ich eben schon kurz angedeutet,
kam ich mit dem letzten Drittel dieses Buches überhaupt nicht überein. Für mich
war aufgrund der stark antisemitischen Einstellung von Turk Bauer klar, wie
sich ein Gericht in dieser Situation zu verhalten hat.
Picoult setzte aber darauf, Turk Bauer mit Zitaten
zu versetzen, die die White Power Bewegung sehr klischeehaft darstellt. Ich mag
meinen, dass ein Großteil dieser Mitglieder gar nicht dumm ist, aber so werden
sie hier dargestellt. Ausnahmen bestätigen die Regel. Sowohl optisch, als auch
verhaltenstechnisch setzte die Autorin hier auf typische Skinheadbeschreibungen
von Turk Bauer und anderen Mitgliedern. Im Nachwort erwähnt sie die
Zusammenarbeit mit einigen Aussteigern aus der Szene. Aber mich hätte
tatsächlich auch mal die Meinung eines Mitglieds der Szene interessiert. Viele
Beschreibungen wurden meiner Meinung nach aus den sehr aktiven 90er Jahren
herausgezogen. Für mich war es am Ende zu viel des Guten. Ich will nicht sagen,
dass die Autorin vom eigentlichen Thema Ruth abwich, aber es artete beinahe in
Hetze aus, was dieser Roman absolut nicht nötig gehabt hätte. Ausschlaggebend
für meine anschließende Bewertung war der abschließende Part um Brittany Bauer,
welche in die White Power Bewegung sozusagen hineingeboren wurde. Dazu mag ich
an dieser Stelle allerdings nicht mehr sagen.
Mein
Fazit
Ein Roman mit einem wichtigen, aktuellen Thema,
welcher anfänglich alle Faktoren für einen interessanten, spannenden und
nachdenklich machenden Roman bereithielt. Allerdings konnte ich vor allem gegen
Ende nicht mehr mit den Ideen der Autorin umgehen. Zu viele Situationen
erschienen mir zu realitätsfern.
Für mich ein Buch, dass jeder Leser wohl anders
empfinden wird.
Ich habe lange über meine Worte nachgedacht und
bin zu diesem Fazit gekommen.
Vor allem Picoult-Fans sollten sich ein eigenes
Bild bilden.
Es ist als ihr wichtigstes Buch ausgeschrieben. Die Thematik gibt diese Aussage her, aber meiner Meinung nach auch viele andere Thematiken in ihren Büchern.
P.S. ich hatte auch kurz in das Hörbuch zum Buch hineingehört und war
maßlos enttäuscht. Weniger von den Sprechern, als von dem schlechten Aufbau und
der massiven Kürzung der Geschichte. Mit fehlten die Perspektivüberschriften
und so stark gekürzte Kapitel bzw. das komplette Weglassen von Kapiteln habe
ich selten gehört. Sehr schade und nicht zu empfehlen.
Weitere Rezensionen zum Buch
Die Autorin
Jodi
Picoult, geboren 1967 in New York, studierte in Princeton
und Harvard. Seit 1992 schrieb sie mehr als zwanzig Romane, von denen viele
Platz 1 der New-York-Times-Bestsellerliste waren. Die Autorin wurde bereits
mehrfach ausgezeichnet, wie etwa 2003 mit dem renommierten New England Book
Award. Picoult lebt mit ihrem Mann, drei Kindern und zahlreichen Tieren in
Hanover, New Hampshire.
Weitere Bücher der Autorin
Mein herzlichster Dank für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares gilt
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
DATENSCHUTZ: Mit dem Absenden deines Kommentars und dem Einverständnis der Kommentar-Folgefunktion bestätigst du, dass du meine Datenschutzverordnung gelesen hast und die Speicherung deiner Daten akzeptierst.